Einer der schönsten Prosatexte der russischen Literatur.
Ein sowjetischer Spitalzug auf dem Weg von einer Front zu anderen. Darin ein junger Petersburger Intellektueller, gepeinigt von Erstickungsanfällen und Todesangst und vertieft in die »Werther«-Lektüre, Militärärzte, Apotheker, Krankenschwestern um ihn herum. Es ist eine seltsame Gemeinschaft, hervorgebracht vom Krieg, bestimmt von alltäglichen Sorgen und kleinen Freuden. Bei einem Aufenthalt trifft er auf ein Mädchen, anders als alle anderen, romantisch, grazil und ungestüm, jederzeit zur Liebe bereit. Er erliegt ihrem Zauber, erkennt in ihr seine
»sowjetische Manon« und erahnt damit den dunklen Weg, den ihre Liebe nehmen wird.
Wsewolod Petrow (1912 - 1978) entstammte einer Petersburger Adelsfamilie, er war Kunsthistoriker und arbeitete vor dem Zweiten Weltkrieg am Russischen Museum. Nach dem Krieg, als Offizier in der Roten Armee demobilisiert, hat er sich wieder seiner wissenschaftlichen Arbeit gewidmet und Standardwerke zur russischen Kunst veröffentlicht.
"Wir kennen von Petrow viele Bücher zur Kunstgeschichte (die auch in viele Sprachen übersetzt worden sind), aber nur wenige Texte, die zur 'schöngeistigen Literatur' zählen dürfen. Eigentlich wäre, abgesehen von ein paar philosophischen Miniaturen, allein unsere Erzählung als solche zu bezeichnen. Dafür aber ist dieser Text einer der schönsten Prosatexte der russischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Diese Erzählung, die erst 2006 veröffentlicht wurde, war nicht in einem Geheimfach verborgen worden: Jedes Jahr an seinem Geburtstag, zu dem viele Dutzend Gäste kamen, die ganze kulturelle Elite Leningrads, begann die Feier damit, daß der Gastge ber Auszüge aus seiner Manon vorlas. Er verheimlichte sein Meisterwerk nicht, er reichte es nur nicht zur Publikation in sowjetischen Zeitschriften und Verlagen ein - wer weiß warum: Weil er das für sinnlos hielt? Aus Ekel vor den Barbaren in den damaligen Redaktionen? Aus der klaren Einsicht heraus, daß diese kleine Erzählung Inhalte transportiert, die mit der Sowjetliteratur nicht kompatibel sind - stilistisch, philosophisch und auch politisch?" Oleg Jurjew Olga Martynova, 1962 bei Krasnojarsk in Sibirien geboren, wuchs in Leningrad auf, studierte russische Sprache und Literatur; 1991 zog sie nach Deutschland. Sie lebt mit ihrem Mann Oleg Jurjew in Frankfurt/Main. Sie schreibt Gedichte (auf Russisch) und Essays und Prosa (auf Deutsch). Mit ihrer Lyrik war Olga Martynova auf der Longlist für den Russischen Preis 2009, mit ihrem Roman-Debüt »Sogar Papageien überleben uns« kam sie auf die Longlist des Deutschen Buchpreises und auf die Shortlist des Aspekte-Preises. 2011 erhielt sie den Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis und den Roswitha-von-Gandersheim-Preis. 2012 wurde sie mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet.
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