Milo und die Jagd nach dem grünhaarigen Mädchen
Vergleich zu frühere Preisbindung2
Verlag | Hanser |
Alter | 11 - 13 Jahre |
Auflage | 2000 |
Seiten | 187 |
Format | 22 cm |
Gewicht | 368 g |
ISBN-10 | 3446198210 |
ISBN-13 | 9783446198210 |
Bestell-Nr | 44619821M |
Leseprobe:
"Wegwerfkinder
Milo sah aus dem Autofenster. Kein Geräusch drang von draußen herein. Die Welt außerhalb blieb stumm für Milo. Sie hatte auch keine Farben. Durch die getönten Scheiben sah alles aus wie in einem vergilbten Schwarzweißfilm, den Milo nicht recht verstand.
Rachmaninoff war ein guter Fahrer. Meistens merkte man gar nicht, dass sich der Wagen bewegte. Jetzt aber musste Rachmaninoff plötzlich eine Vollbremsung machen, weil der Wagen vor ihm abrupt stehen blieb.
"Sind Sie besoffen, Rachmaninoff?", brüllte Onkel Klaus, der mit dem Kopf gegen den Vordersitz geknallt war.
"Mein Seidenanzug!", schrie Milos Mutter.
"'tschuldigung, bitte, 'tschuldigung", sagte Rachmaninoff und wies auf den Wagen vor ihnen.
"Idiot! Wir könnten tot sein!", schrie Milos Mutter. "Und dein Anzug, Milo! Was ist mit deinem Anzug? MiloMiloMilo!"
"Nix passiert", sagte Milo. "Bloß das Knie gestoßen", sagte er.
"Hoffentlich blutest du nicht! Stell dir vor, was das für Flecken gibt!", sagte M ilos Mutter.
"Dann sieht er aus wie ein echter Großwildjäger", sagte Onkel Klaus.
"Warum fahren wir denn nicht endlich, Rachmaninoff?", rief Milos Mutter.
"Deswegen, gnädige Frau", sagte Rachmaninoff und zeigte auf den Wagen vor ihnen. Der Fahrer, ein Mann in einem klein karierten Anzug, sprang jetzt auf die Straße, rannte um das Auto herum, riss die hintere
Tür auf der Beifahrerseite auf und half dann einem anderen Mann, ein zappelndes Mädchen zum Wagen zu schleppen.
Obwohl er nichts hören konnte, vernahm Milo die Schreie des Mädchens. Eine Menge Leute waren stehen geblieben, aber niemand tat etwas, niemand half ihr.
"Wir müssen ihr helfen!", rief Milo. "Rachmaninoff!"
Rachmaninoff drehte den Kopf nach hinten. Er nahm die Sonnenbrille ab und sah Onkel Klaus an. Der schüttelte den Kopf und sagte: "Leute von Taiga Braun wahrscheinlich. Machen die Straßen sauber. Wer mag schon so was sehen: Wegwerfkinder!"
"Die entführen sie doch! Ich helf ihr!", rief Milo und wollte aus dem Wag en springen."Milo! Um Gottes willen! Schau einfach nicht hin!", rief Dorabella. Und Rachmaninoff drückte auf einen Knopf und die Zentralverriegelung schnappte zu.
Das Mädchen mit dem Irokesenschnitt wehrte sich,
so gut sie konnte. Der eine Mann hatte seinen Lederhut verloren. Aber es waren zwei starke Kerle. Das Mädchen hatte keine Chance. Der Fahrer war schon in den Wagen geschlüpft und versuchte, das Mädchen auf den Rücksitz zu zerren.
Da tauchte am Ende der Straße ein großer Junge auf. Er stand in einem Einkaufswagen, die Arme weit ausgebreitet. Er hatte eine Wollmütze auf und schwarze Streifen unter den Augen. Er raste mit ungeheurer Geschwindigkeit die Straße herauf auf das Auto zu.
Milo wusste nicht, dass es Gulli war, denn er hatte als einziger Junge der Stadt noch nie etwas von ihm gehört. Was Milo sah, war für ihn wie eine Erscheinung vom Mars. Und später behauptete er allen Ernstes, er hätte in dem Augenblick Musik gehört, mächtige Musik mit Posaunen und Trommeln wie bei K rieg der Sterne, wenn die Raumschiffe angreifen.
Der Junge mit der Wollmütze fuhr direkt auf die geöffnete hintere Wagentür zu, in der das Mädchen
mit dem Irokesenschnitt gerade verschwinden sollte. Milo hatte keine Ahnung, ob der Junge hätte bremsen können, um einen Zusammenprall zu vermeiden. Jedenfalls bremste er nicht. Er sprang im letzten Augenblick ab und ließ seinen Einkaufswagen gegen die Tür krachen.
Die Tür schwang zu und traf den einen Entführer voll im Rücken. Er ließ das Mädchen los und sackte neben dem Auto zusammen.
Blitzschnell packte der Junge mit der Wollmütze das Mädchen, zerrte es vom Rücksitz, lud es in seinen Einkaufswagen und schob es durch die glotzende Menge davon. Auch jetzt griff niemand ein. Und wenig später waren die beiden in einem U-Bahn-Eingang verschwunden....