Während die französische Erstausgabe des Contre Sainte-Beuve den Eindruck eines kohärenten und abgeschlossenen Werks zu erwecken sucht und die Pléiade-Ausgabe sich auf dessen theoretische und literaturkritische Teile beschränkt, will der vorliegende Band der Frankfurter Ausgabe den fragmentarischen und heterogenen Charakter des Gegen Sainte-Beuve sichtbar machen. Neben ausgearbeiteten Entwürfen enthält er auch kurze Notizen oder abgebrochene Skizzen; neben theoretischen und literaturkritischen Betrachtungen auch Entwürfe zu Romanszenen, darunter eine Reihe von Bausteinen der Recherche. Und doch zieht sich durch all die verschiedenartigen Texte ein roter Faden; es gibt einen heimlichen Protagonisten, nämlich Prousts gegen Sainte-Beuve aufgestellte These, wahre Literatur könne nicht im Gelärme der Welt entstehen, sondern nur in der Stille, in der Tiefe,in der unerbittlichen Hingabe an das Werk.
Marcel Proust wurde am 10. Juli 1871 in Auteuil geboren und starb am 18. November 1922 in Paris. Sein siebenbändiges Romanwerk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit ist zu einem Mythos der Moderne geworden.
Eine Asthmaerkrankung beeinträchtigte schon früh Prousts Gesundheit. Noch während des Studiums und einer kurzen Tätigkeit an der Bibliothek Mazarine widmete er sich seinen schriftstellerischen Arbeiten und einem - nur vermeintlich müßigen - Salonleben. Es erschienen Beiträge für Zeitschriften und die Übersetzungen zweier Bücher von John Ruskin. Nach dem Tod der über alles geliebten Mutter 1905, der ihn in eine tiefe Krise stürzte, machte Proust die Arbeit an seinem Roman zum einzigen Inhalt seiner Existenz. Sein hermetisch abgeschlossenes, mit Korkplatten ausgelegtes Arbeits- und Schlafzimmer ist legendär. In Swanns Welt, der erste Band von Prousts opus magnum, erschien 1913 auf Kosten des Autors im Verlag Grasset. Für den zweiten Band, Im Schatten junger Mädchenblü te, wurde Proust 1919 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet. Die letzten Bände der Suche nach der verlorenen Zeit wurden nach dem Tod des Autors von seinem Bruder herausgegeben. Helmut Scheffel, geboren 1925 in Gera und verstorben 2010 in Frankfurt am Main, studierte Philosophie, Soziologie, Romanistik in Frankfurt und Paris. Seit 1957 war er als freiberuflicher Übersetzer und Publizist und später auch als Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung tätig.
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