Tu, was du willst - Ethik für die Erwachsenen von morgen
Verlag | Campus Verlag |
Alter | 12 - 16 Jahre |
Auflage | 2021 |
Seiten | 147 |
Format | 21,2 cm |
Mit Leseband | |
Gewicht | 282 g |
Übersetzer | Wilfried Hof |
ISBN-10 | 3593384191 |
ISBN-13 | 9783593384191 |
Bestell-Nr | 59338419A |
Hab Vertrauen zu dir selbst!
Was kann ich aus meinem Leben machen? Diese Frage treibt nicht nur junge Menschen um. Für Fernando Savater ist sie die alles entscheidende Frage. Hier vermittelt er den Lesern die Kunst, das Leben zu meistern.
Leseprobe:
In der Realität existieren viele Kräfte, die unsere Freiheit einschränken, von Erdbeben oder Krankheiten bis zu Tyrannen. Aber auch unsere Freiheit ist ein Kraft in der Welt, unsere Kraft. Wenn Du mit Leuten redest, wirst Du jedoch feststellen, daß den meisten das, was ihre Freiheit begrenzt, viel bewußter ist als ihre Freiheit selbst. Sie werden Dir sagen: "Freiheit? Von welcher Freiheit redest Du. Wie können wir frei sein, wenn das Fernsehen uns das Gehirn wäscht, wenn die Politiker uns betrügen und manipulieren, wenn die Terroristen uns bedrohen, wenn die Drogen uns versklaven, und wenn mir außerdem das Geld fehlt, mir ein Motorrad zu kaufen - was ich so gerne möchte?" Wenn Du ein bißchen aufpaßt, wirst Du feststellen, daß die, die so reden, sich zu beklagen scheinen, aber in Wirklichkeit sehr zufrieden sind zu wissen, daß sie nicht sehr frei sind. Im Grunde denken sie: "Uff! Uns ist ein Stein vom Herzen gefallen! Da wir nicht frei sind, können wir nicht schuld sein an dem, was uns passiert." Aber ich bin sicher, daß niemand - niemand - wirklich glaubt, nicht frei zu sein. Niemand akzeptiert ohne weiteres, daß er wie ein unerbittliches Uhrwerk oder wie eine Termite funktioniert. Es mag sein, daß die freie Entscheidung für bestimmte Sachen unter bestimmten Umständen sehr schwer ist (z.B. in ein brennendes Haus zu gehen, um ein Kind zu retten, oder unbeirrt einem Tyrannen gegenüberzutreten) und daß man deshalb lieber sagt, es gibt keine Freiheit. Dann muß man nicht anerkennen, daß man als freier Mensch das Leichteste vorzieht - auf die Feuerwehr zu warten oder den Stiefel zu lecken, der einem im Nacken steht. Aber tief im Inneren sagt uns etwas beharrlich: "Wenn Du gewollt hättest ..." Wenn jemand hartnäckig verneint, daß wir Menschen frei sind, rate ich Dir, die Probe des römischen Philosophen anzuwenden. Im Altertum diskutierte ein römischer Philosoph mit einem Freund, der die Existenz menschlicher Freiheit leugnete und versicherte, daß alle Menschen nu r das tun könnten, was sie tun. Der Philosoph nahm seinen Spazierstock und begann, ihn mit aller Kraft zu schlagen. "Hör auf, ist schon gut, schlag mich nicht weiter!" rief der andere. Und der Philosoph, ohne aufzuhören, ihn zu verprügeln, argumentierte weiter: "Sagst du nicht, ich sei nicht frei und könne nur das tun, was ich tue? Also kannst du dir deine Worte sparen und brauchst mich auch gar nicht zu bitten aufzuhören: Ich bin ein Automat." Erst als der Freund zugab, daß der Philosoph aus freien Stücken aufhören könne, ihn zu schlagen, stellte dieser seine Prügel ein. Die Probe ist gut, aber Du darfst sie nur im äußersten Notfall anwenden und nur bei Freunden, die kein Karate oder sowas können.aus Kapitel 1: Woher die Ethik kommt