Anarchist, Individualist, Mystiker - Rudolf Steiners frühe Berliner Jahre 1897-1902
Verlag | Rudolf Steiner Verlag |
Auflage | 2020 |
Seiten | 136 |
Format | 14,9 x 22,4 x 1,1 cm |
Klappenbroschur | |
Gewicht | 236 g |
Übersetzer | Jutta Schloom |
ISBN-10 | 3727453389 |
ISBN-13 | 9783727453380 |
Bestell-Nr | 72745338A |
Wege zur Welterkenntnis - Rudolf Steiners geistige Entwicklung in BerlinDieses Buch widmet sich einem Kapitel in Rudolf Steiners Leben, das immer wieder kontrovers behandelt wurde: die Berliner Jahre von 1897 bis 1902. In dieser Zeit, so der Eindruck einer summarischen Betrachtung, mutierte Steiner vom Nietzscheaner zum Anarchisten und Haeckelianer und schlussendlich zum Mystiker und Theosophen. War das ein Ausdruck von Sprunghaftigkeit oder liegt darin eine Kontinuität? Der norwegische Schriftsteller und Philosoph Kaj Skagen geht dem mit akribischem Forschergeist nach und kommt zu erstaunlichen Ergebnissen. Noch nie wurde Rudolf Steiners voranthroposophische Entwicklung so eingehend betrachtet, wurden seine Schriften aus dieser Zeit so minutiös analysiert. Der Autor zeigt auf, wie Steiner weltanschaulich geprägte Begegnungen mit zeitgenössischen Denkern in kongenial-empathischer Weise aufnahm und mit seinen eigenen Anschauungen verband. Der Erkenntnisweg führte ihn zur Gewissheit des Göttlichen im eigenen Ich. So verstanden sind Naturwissenschaft als Weg nach außen und Mystik als Weg nach innen Erscheinungsformen eines Entwicklungsstromes. Rudolf Steiner war, als er diese Erkenntnis gewann, nicht bloß außenstehender Beobachter von geistigen Strömungen seiner Zeit, sondern er erlebte diesen gewaltigen Umbruch in seiner eigenen Seele
Leseprobe:
"Fassen wir den Gedankengang zusammen: Gott schafft den Menschen, aber zieht sich gleichzeitig von ihm zurück, indem er in das Innere der Welt und des Menschen verschwindet. Gott bildet nun die Innenseite der Welt und des Menschen. Er ist das innerste Wesen sowohl der Natur als auch des Menschen, aber der Mensch weiß davon nichts. Der Mensch ist alleine in einer Welt von Rätseln. Wir kommen zu Bewusstsein wie zu einem Rätsel für uns selbst und stehen fragend der Natur gegenüber. Das Rätsel und die Frage wecken den Trieb in uns, die Welt zu erkennen, uns selbst zu verstehen und unsere Persönlichkeit zu realisieren. Aber weil der Weltgrund, der Weltenlenker, also Gott, im Inneren der Welt und in unserem eigenen Inneren lebt, führen die Naturerkenntnis, die Selbsterkenntnis und die Selbstrealisierung uns in die innerste Krypta der Wirklichkeit, wo wir die göttliche Schöpferkraft finden, die Urkraft, von der Steiner 1894 in "Die Philosophie der Freiheit" schreibt, oder Gott. Je stärke r, reiner und intensiver unser Individualismus ist, desto näher kommen wir Gott. Dies ist das zentrale Paradox im Steiner'schen Individualismus. Je absoluter das gottlose Individuum ist, desto näher ist es dem Mysterium. Der Individualismus des jungen Steiner ist gottlos, aber führt gerade deswegen zu einer Mysterienerfahrung des Wesens des Menschen und der Welt."