Das Fleisch der Engel | Meine Männer - Gedichte und Erinnerungen der Königin der italienischen Poesie | PERLEN: Italienische Schriftstellerinnen des 20. und 21. Jahrhunderts
Verlag | marixverlag |
Auflage | 2024 |
Seiten | 192 |
Format | 13,0 x 1,8 x 20,6 cm |
Gewicht | 283 g |
Reihe | PERLEN 05 |
ISBN-10 | 3737412383 |
ISBN-13 | 9783737412384 |
Bestell-Nr | 73741238A |
In »Das Fleisch der Engel« beschwört Alda Merini in freien, ungebundenen Gedichten einen großen Mythos der Religionen, im Namen der Sehnsucht nach dem Unendlichen, mit Worten, die wie ein Echo widerhallen: »heilig und verflucht zugleich«. Dabei sind ihr die himmlischen Wesen Begleiter und haltgebende Verbündete im Kampf gegen Dämonen und Versuchungen. Dem direkten Ausdruck von Empfindungen verdankt es sich, dass Alda Merinis visionäre Dichtung voller Rebellion und Liebe die Lesenden, vor allem auch die jungen, unmittelbar berührt. Die Erinnerungen »Meine Männer: Fetzen einer sentimentalen Autobiografie«, der zweite Teil des vorliegenden Buchs, hat Alda Merini mit 70 Jahren diktiert: Surreales und Provokantes über Dichter, Vagabunden und Freunde, die in ihrem Leben eine Rolle spielten. Mit blühender Fantasie gibt sie in diesen Prosafragmenten einen tiefen Einblick in ihre Existenz, geprägt von der Einsamkeit langer Jahre in psychiatrischen Anstalten, einem unstillbaren Hunger nach Leben und der immensen Liebe zur Poesie. Die Reihe PERLEN ermöglicht es, das Werk dieser außergewöhnlichen Dichterin kennenzulernen.
Inhaltsverzeichnis:
Das Fleisch der Engel. Gedichte Meine Männer. Fetzen einer sentimentalen Autobiografie Biografie Anmerkungen
Leseprobe:
Meine Schwester war ein braves Mädchen mit ordentlich gekämmtem Haar und einem Matrosenkleid und sie empfand eine leichtfertige Liebe für mich, weil ich vier Jahre jünger war als sie. Mit fünf war ich schon ein so gieriges Mädchen, dass man mir Geld in die Taschen stopfen musste, um ein Foto von mir zu machen, sonst hätte ich nicht gelächelt. Zwei oder drei Mal versuchte ich, meine Schwester umzubringen, aber ohne Erfolg. Meine Mama verteidigte mich und sagte, ich sei einfach eifersüchtig, weil ich ja noch so klein sei; in Wahrheit war ich sehr böse.Meine Schwester versuchte ihr Leben lang, mir zu gefallen, aber ich jagte sie zum Teufel und bat Gott, er möge meine ganze Familie sterben lassen.Mit zehn Jahren fing ich an, mir ein Kind zu wünschen, aber ich weiß nicht, von wem ich diese kranke Idee hatte. Ich dachte, die Mutterschaft würde mir stehen, und ich schlug mir den Bauch voll, bis ich Fleckfieber bekam, vor dem man mich in letzter Sekunde rettete.Ich war ein wunderschönes K ind, mit vielen Locken und einem eisernen Willen. Niemand konnte mich brechen. Außerdem besaß ich ein erstaunliches Erinnerungsvermögen und sprach mit niemandem, weil ich mich für einen Gott hielt.So entdeckte ich meine religiöse Berufung. Ich wollte meine Mutter umbringen, um meinen Papa zu heiraten. Meine Schwester war sehr schüchtern, aber ich war so verschlossen, dass es niemandem gelang, einen Zugang zu mir zu finden. Nur meine Großmutter sagte auf dem Sterbebett zu meiner Mutter die schicksalhaften Worte: »Passt auf die Kleine auf, sie ist vollkommen verrückt.«