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Das Andachtsbüchlein aus der Sammlung Bouhier

Das Andachtsbüchlein aus der Sammlung Bouhier - (Montpellier, Bibliothèque Universitaire Historique de Médecine, H 396) Studie und kommentierte Edition

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Produktdetails  
Verlag Reichert
Auflage 2022
Seiten 550
Format 17,6 x 4,0 x 24,8 cm
Gewicht 1322 g
Reihe Imagines Medii Aevi. Interdisziplinäre Beiträge zur Mittelalterforschung 55
ISBN-10 3752006560
ISBN-13 9783752006568
Bestell-Nr 75200656A

Produktbeschreibung  

Die hier erstmals eingehend erschlossene kleinformatige Handschrift, wohl im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts im ostmitteldeutschen Raum entstanden, ist im Aufbau ohne bekannte Parallele: Durchgehend mit kolorierten Federzeichnungen ausgestattet setzt sich die Handschrift aus einer Folge von Bildern mit deutschsprachigen Teilparaphrasen zu Evangelienperikopen, einem Festkalender mit Bildkürzeln und einem Passionsbilderzyklus zusammen. Mit ihrer Bezugnahme auf die dominikanische Liturgie ebenso wie auf Elemente des Brauchtums und mit ihrer durch Nachträge im Kalenderteil belegten Nutzungsgeschichte bis ins frühe 16. Jahrhundert wird sie in der vorliegenden Publikation als aufschlussreiches Dokument für die Frömmigkeitsgeschichte des Spätmittelalters interpretiert.

Im 17. Jahrhundert fand eine kleinformatige, durchgehend mit kolorierten Federzeichnungen ausgestattete Pergamenthandschrift mit deutschsprachigem Text Eingang in die Büchersammlung der Familie Bouhier in Dijon. Die heute noch 48 Blätter umfassende Handschrift, wohl im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts im ostmitteldeutschen Raum entstanden, ist in ihrer Anlage ohne bekannte Parallele: Ein erster Teil (nicht vollständig erhalten) bietet auf jeder Seite ein Bildfeld zu einer Evangelienperikope; darüber ist in deutscher Sprache jeweils der Leseanlass angegeben, gefolgt von einer Teilparaphase des Perikopeninhalts, die nicht selten mitten im Satz abbricht. An den Perikopenteil schließt sich ein Festkalender mit Bildkürzeln an. Beschlossen wird die Handschrift von einem textlosen Passionsbilderzyklus. Die Provenienz dieser einzigartigen Handschrift lässt sich nicht über ihre Katalogisierung in Dijon zurückverfolgen; Indizien über Herkunft und Gebrauchskontexte können nur aus dem Obj ekt selbst gewonnen werden.

In der vorliegenden Publikation wird die Handschrift erstmals ediert und im Detail erschlossen, in ihrer Funktion bestimmt (,Andachtsbüchlein') und frömmigkeitsgeschichtlich ausgewertet. Sie wird u.a. im Hinblick auf kodikologische und paläographische Fragen, die liturgischen Bezugssysteme, die Textstruktur und die Ikonographie eingehend analysiert. Die Befunde sind jeweils kontextualisiert und in größere Zusammenhänge eingeordnet, etwa die zunehmende Verbreitung deutschsprachiger Perikopen im Spätmittelalter. Im Editionsteil erlaubt die vollständige farbige Reproduktion der Handschrift mit Erläuterungen direkt daneben einen unmittelbaren Nachvollzug der Einzelbeobachtungen.

Aus germanistischer Perspektive bietet allein schon die Erschließung des Textbestandes der Handschrift neue Erkenntnisse, weil sie das bisherige Bild von dem Umgang mit Perikopen in deutscher Sprache erweitert. Die abbrechenden Paraphrasen lassen außerdem Rückschlüsse auf Rezeptionstechniken und die bildungsgeschichtlichen Voraussetzungen dafür zu. In kunsthistorischer Hinsicht bildet die Analyse der Handschrift einen wichtigen Baustein in der noch zu schreibenden Geschichte von Perikopen-Bilderzyklen. Hinzu kommen ikonographisch seltene Motive, auch im Kalenderteil, dessen Typus für den deutschen Sprachraum in Buchform sonst nicht belegt ist. Vor allem sind aus der Handschrift Einblicke in Frömmigkeitspraktiken zu gewinnen: Schon in der ursprünglichen Schicht zeigt sie sowohl Bezüge zu liturgischen Ordnungen, insbesondere der dominikanischen Liturgie, als auch zum Brauchtum. Bildliche und schriftliche Nachträge im Kalenderteil aus der Zeit bis zum frühen 16. Jahrhundert dokumentieren eine anhaltende intensive Nutzung u.a. im kartäusischen Kontext und im Kontext der Verehrung von Heiligen als Nothelfern. Insofern verweist die Handschrift auf eine Durchdringung verschiedener religiöser Sphären, wie sie für die Frömmigkeitsgeschichte des Spätmitt elalters weiter zu diskutieren sein wird.

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