In Deutschland stehen derzeit rund 8.500 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Dem gegenüber stehen 933 Organspenden im Jahr 2021. Muss es anhand dieses Missverhältnisses nicht als Pflicht empfunden werden, die eigenen Organe zur Spende freizugeben? Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob der Moment, in dem die Organe entnommen werden müssen, tatsächlich mit dem Ende des Lebens zusammenfällt.Während Dieter Birnbacher davon überzeugt ist, dass das Kriterium des Hirntodes uns nicht nur dazu verhilft, sondern gar auffordern sollte, der moralischen Pflicht der Lebensrettung nachzukommen, hat Sigrid Graumann entschiedene Zweifel: Birgt dieses Kriterium nicht die große Gefahr einer Reduzierung des Menschen auf kognitive und rationale Fähigkeiten, die schwerwiegende gesellschaftliche Folgen mit sich bringt?Wer sich eine kritische und fundierte Meinung bilden will, kommt an der Reihe "Streitfragen" nicht vorbei!
Prof. Dr. Dr. Sigrid Graumann, geboren 1962, ist Biologin, Humangenetikerin und Ethikerin. Sie ist seit 2011 Professorin für Ethik an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe, die sie seit 2017 als Rektorin leitet. 2000 schloss sie ihre erste Dissertation in der Humangenetik über wissenschaftsethische Fragen der somatischen Gentherapie ab, 2009 dann ihre zweite in der Philosophie über menschenrechtsethische Fragen der UN-Behindertenrechtskonvention an der Universität Utrecht. 2000-2005 war sie Mitglied der Enquetekommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" des Deutschen Bundestages und ist seit 2016 Mitglied des Deutschen Ethikrates. Prof. Dr. Dr. h. c. Dieter Birnbacher, geboren 1946, studierte Philosophie, Anglistik und Allgemeine Sprachwissenschaft in Düsseldorf, Cambridge und Hamburg. Er war zunächst Professor für Philosophie an der Universität Dortmund, dann an der Universität Düsseldorf. Er war Vorsitzender der Zentralen Ethikkommission der Bundesärztekammer sowie der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität Düsseldorf. Er ist Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben und gehört seit 2004 der Leopoldina an, außerdem ist er Mitglied des Stiftungsrates der Deutschen Stiftung Organtransplantation und der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer. Dr. Lea Mara Eßer studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Philosophie und Politologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Ihre Magisterarbeit befasste sich mit der Sprachphilosophie Walter Benjamins. Während des gesamten Studiums wirkte sie an zahlreichen Theaterstücken mit, die u.a. am Staatstheater Dresden, den Sophiensælen Berlin und dem Mousonturm in Frankfurt am Main Premiere feierten. 2019 erhielt sie den Eos-Preis für philosophische Essayistik für einen Text zu Kierkegaards Authentizitätsbegriff. Sie promovierte am Frankfurter Institut für Sozialphilosophie zu Arendts Begriff des Guten ("Vom Schweigen des Guten. Hannah Arendts Theorie der Menschlichkeit").
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