Der Band "In Straßenbahnen" enthält eine Auswahl von Egon Bondys Gedichten aus den 1950er Jahren und konzentriert sich auf die Stile des Totalen Realismus und der Peinlichen Poesie. Das Nachwort beschreibt den literarischen und historischen Kontext und bietet Analysen einzelner Gedichte. Der Verlag Kétos widmet der Literatur des tschechoslowakischen Untergrunds drei Bände: Neben demjenigen von Egon Bondy sind es je ein Band von Jana Cerná und Ivo Vodsedálek.
Egon Bondy, geboren 1930 als Zbynek Fiser in Prag, ist eine besonders schillernde Persönlichkeit der tschechoslowakischen Untergrund-Kulturszene gewesen. In den 1950er Jahren gab er gemeinsam mit Ivo Vodsedálek und Jana Cerná (auch bekannt als Honza Krejcarová) die Samizdat-Reihe Pulnoc (Mitternacht) heraus. In Opposition zum Sozialistischen Realismus, der von den stalinistischen Machthabern zur einzigen erlaubten Kunstform erhoben worden war, entwickelten Bondy und Vodsedálek den Totalen Realismus und die Peinliche Poesie. Später verfasste Bondy Texte für die Untergrund-Musikgruppe The Plastic People of the Universe und beeinflusste viele Dichter der jüngsten Untergrund-Generation wie J.H. Krchovský oder Jáchym Topol. Offiziell konnten Bondys Gedichte, mit denen er die UdSSR erklärtermaßen zu Fall bringen wollte, erst nach der Wende 1989 erscheinen. Bondy arbeitete in mehreren Lebensabschnitten als Denunziant für die Staatssicherheit, als Dichter und Denker wird er in Tschechien dennoch bis heute auch in antikommunistischen Kreisen geschätzt. Ondrej Cikán ist deutsch- und tschechischsprachiger Dichter und Übersetzer zahlreicher Klassiker der tschechischen Dichtung.
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