Die Erzstufenbahn - Eine Harzer Eisenbahnlegende
Verlag | Bussert & Stadeler |
Auflage | 2020 |
Seiten | 48 |
Format | 18,3 x 24,5 x 0,4 cm |
Großformatiges Paperback. Klappenbroschur | |
Gewicht | 161 g |
ISBN-10 | 3942115832 |
ISBN-13 | 9783942115834 |
Bestell-Nr | 94211583A |
Diese Industriebahn war einzigartig in Deutschland. Sie existierte zwölf Jahre, geboren aus der Unmöglichkeit, mit einer regelspurigen Eisenbahn den steilen Harznordrand zu erklimmen.
Mit Er ndergeist wurde eine Lösung für den Transport der Hüttenröder Eisenerze zur Blankenburger Hütte (Harzer Werke) gefunden. Die Erfahrungen mit Grubenbahnen ließen eine stufenartige Trassenführung mit mehreren Schurren beziehungsweise Kippstellen entstehen. Der Förderstrom dieser Bahn musste über 200 Höhenmeter überwinden!
Erst als es Albert Schneider gelang mittels der Abtschen Zahnstange und auf neuer Trasse die Berge zu meistern, wurde die Erzstufenbahn eingestellt.
Noch heute kann man die ehemalige Trassenführung der Erzstufenbahn erwandern und die Spuren dieser ngenieurstechnischen Meisterleistung entdecken.
Leseprobe:
Die kurze Geschichte dieser ungewöhnlichen Industriebahn begann 1872. Vorausgegangen
war eine radikale Umwälzung des Berg- und Hüttenwesens im braunschweigischen
Teil des Harzgebirges.
Dieser Wirtschaftszweig befand sich jahrhundertelang in der Oberhoheit des Herzoglichen
Gesamthauses zu Braunschweig und Lüneburg. Das Herzogliche Gesamthaus
hat den Bergbau in seinem Territorium stets gefördert, konnte doch mit den
Gewinnen aus diesen Unternehmungen die aufwändige Hofhaltung finanziert werden.
Besonders unter Herzog Ludwig Rudolf erfuhr der Bergbau eine beträchtliche
Förderung, selbst Kleinstlagerstätten wurden untersucht. Schließlich musste er nach
dem Willen seines regierenden Vaters aus dem Blankenburger Teil des Braunschweigischen
Herzogtums leben können. Insofern stellte die Ausnutzung der Wald- und
Bodenschätze in seinem Gebiet eine gewichtige Einnahmequelle dar. Seine 1716 ausgerufene
Bergfreiheit verbesserte die Lage der Eigenlehner und b rachte dem Bergwesen
in seinem Land einen Aufschwung. Die Nachfolger behielten das Engagement im
Harzbergbau bei, wenngleich nicht mit dem Elan eines Ludwig Rudolfs.
Doch in den Jahren nach 1840 gingen die Erträge der herzoglichen Hüttenwerke
in Rübeland, Altenbrak, Neuwerk und Zorge stetig zurück. Die zunehmend voranschreitende
verkehrstechnische Erschließung des Harzgebirges brachte Konkurrenzprodukte
in erreichbare Nähe. Der Markt für Eisen und Stahl begann sich zu
verändern. Nach der Aufhebung der napoleonischen Kontinentalsperre gegen England
begann englischer Stahl seinen Siegeszug durch Europa. Dem trugen die altväterlichen
Bergbau- und Hüttenbetriebe kaum Rechnung. Immer noch glichen die
Hüttenbetriebe mehr Manufakturen als zeitgemäßen Produktionsstätten. Englische,
schwedische, aber auch Siegerländer Eisenwaren überschwemmten den Markt.
Die herzogliche Bergverwaltung verfügte nicht über die notwendigen Finanzmittel,
um die Hütten mod ernisieren zu können, desgleichen war der Herzog nicht bereit,
solche Mittel aus seinem Portfolio bereitzustellen.
In dieser Situation forderte schon Ende der 1840iger Jahre der braunschweigische
Finanzdirektor und Geheimrat August v. Geyso die rasche Beendigung dieses immer
verlustreicher werdenden Engagements. Doch wegen der dann unvermeidlich
drohenden Arbeitslosigkeit der ohnehin armen Harzer Bevölkerung schreckte die
herzogliche Kammer immer wieder vor der unpopulären Maßnahme zurück. 1865
hatte das Defizit solche Höhe erreicht, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte. Schließung
oder Verkauf - beide Optionen wurden nun geprüft. Schließlich fand sich in
dem angesehenen Kölner Bankhaus der Gebrüder J. L. Eltzbacher & Co. ein Käufer,
der nicht nur an einzelnen Werken, vielmehr an dem gesamten herzoglichen Montanbesitz
interessiert war. Eltzbacher, die bereits den westfälischen Rohstoffhandel
mitfinanzierten, waren zu diesem Zeitpunkt an einer eig enen Rohstoffbasis und -verarbeitung
interessiert.
In dieser Situation kam die Offerte des Herzoghauses gerade recht. Schnell wurde
man sich handelseinig und bereits 1870 hatte das Bankhaus die Verfügungsgewalt
über Bergwerksfelder und Hüttenbetriebe. Die unmittelbar und rasant einsetzende
Umgestaltung, Straffung und Modernisierung des Produktionsprozesses traf die ansässige
Bevölkerung in ihren sozialen Auswirkungen fundamental.
Eine der ersten Entscheidungen der eigens gegründeten "Actiengesellschaft Harzer
Werke zu Rübeland und Zorge" war die Inangriffnahme eines völlig neuen Verarbeitungsstandortes
in Blankenburg/Westend. Nur dort konnte einigermaßen günstig
westfälischer Steinkohlenkoks durch eine noch zu bauende Bahnlinie herangebracht
und die Produkte abgefahren werden. Die Hütte der Harzer Werke wurde dann auch
das stärkste Argument für den Bahnbau von Halberstadt nach Blankenburg. Generaldirektor