Verlag | Edition Nautilus |
Auflage | 2020 |
Seiten | 208 |
Format | 12,6 x 1,7 x 20,9 cm |
Großformatiges Paperback. Klappenbroschur | |
Gewicht | 268 g |
Reihe | Flugschrift |
ISBN-10 | 3960542429 |
ISBN-13 | 9783960542421 |
Bestell-Nr | 96054242A |
Vor bald 20 Jahren formulierte eine Handvoll Programmierer und Softwareexperten das Gründungsdokument der agilen Bewegung. Das »Agile Manifest« veränderte Arbeitsweisen und Selbstverständnis einer ganzen Branche, seine Prinzipien wurden insbesondere bei Start-ups populär. Seine Wirkung geht jedoch weit darüber hinaus: In nahezu jeder Branche, ja für unser ganzes Leben wird Agilität gefeiert und gefordert.Aus Arbeitern und Angestellten in festen Abteilungen mit steilen Hierarchien werden in der schönen neuen Projekt-Welt Teamer mit wechselnden Rollen und Aufgaben, Vorgesetzte zu ihren Coaches, ganze Unternehmen erfinden sich als Projekte neu. Auch im Privatleben heißt die Parole: Sei agil, beweglich, flexibel! Bleib nicht stehen, investiere in dich selbst, erfinde dich neu! Als »project owner« unserer selbst sind wir angehalten, uns zu messen und zu optimieren, Rechenschaft abzulegen über unsere »performance« im Projekt des Lebens. Wir zählen unsere Schritte, überwachen unseren Sch laf und berechnen unseren Gesundheits-Score.Von linker Seite wird diesen Entwicklungen eher mit Wohlwollen begegnet, sie werden gar in einem Atemzug genannt mit Technologien und Praktiken wie offenen Standards, Open Source und Bürger-Partizipation. Doch Timo Daum zeigt: Das Dogma der Agilität passt perfekt zu den Anforderungen des Digitalen Kapitalismus, die historische Tendenz immer größerer Freiheit in der Sklaverei findet hier ihre Vollendung - Geschwindigkeitsdruck und Kontrolle sind bloß nach innen verlegt.
Leseprobe:
Alle müssen unternehmerisch denken und handeln, ihre Kreativität in den Dienst des Kapitals stellen und sich dabei weitgehend selbst managen. Agilität wird zur Parole des kognitiven Kapitalismus. Die formale Freiheit wird noch weiter erhöht, wir sollen alle zu CEOs unserer eigenen Arbeitskraft, zu Arbeitskraftunternehmern werden, Risiken eingehen. Was früher der Betrieb war, die Fabrik, der Chef, das Controlling, die Bilanzbuchhaltung - all das wird schön ins Innen verlegt. Die Fabrik wird abgelöst durch das Projekt, und sein Fließband ist der Backlog, der niemals endende Strom an Mikro-Aufgaben, die dringend abgearbeitet werden müssen. Auch tayloristische Methoden der Vermessung, Kontrolle und Leistungssteigerung finden sich in neuer Form in der schönen neuen Welt der kleinen Teams, parzellierten Aufgaben und regen Projekt-Kommunikation. Agile Methoden sind dabei viel subtiler als noch die Stoppuhr von Taylor und seine Entmündigung der Vermessenen. Agilität ist also so etwas wie der zeitgemäße Taylorismus für Kopfarbeiterinnen und Kopfarbeiter: Taylor heißt jetzt Agile. Sonst ändert sich nix.