Auf uns gestellt - Armutsklasse, Trauma und Solidarität
Verlag | Edition Nautilus |
Auflage | 2023 |
Seiten | 256 |
Format | 12,9 x 2,0 x 20,8 cm |
Gewicht | 325 g |
Reihe | Flugschrift |
ISBN-10 | 3960543182 |
ISBN-13 | 9783960543183 |
Bestell-Nr | 96054318A |
Im aktuellen Diskurs über Klasse und Klassismus kommt das Milieu, aus dem D Hunter stammt, nicht vor. 1979 oder 1980 wird Hunter in eine Familie von Irish Travellers geboren. In seiner Jugend in Nottingham bringt er sich, seine nur 13 Jahre ältere Mutter und seine drei Schwestern als minderjähriger Sexarbeiter, Drogenkurier und Dieb durch Er ist Opfer und Täter extremer Gewalt, landet in Gefängnis und Psychiatrie. Mit Mitte zwanzig beginnt er dort zu lesen und seine Lebensumstände als politisch bedingt zu reflektieren.»Auf uns gestellt« ist ein Buch über Traumata, Klasse und Identität, über die Gewalt des weißen Kapitalismus, über ökonomisch und sozial marginalisierte Menschen, die als überflüssig gelten. Schonungslos und weit entfernt von jeder Fetischisierung der Armut schreibt Hunter über seinen Großvater, der ihn vergewaltigt, seine Freundin, mit der er ein Junkie-Leben teilt, über seinen prügelnden rassistischen Vater, seine psychisch kranke Mutter, die ihn ausbeutet, und übe r Freunde, deren Solidarität er erfahren hat. Es sind Menschen, die für ihre Armut individuell verantwortlich gemacht und abgestraft werden und denen ihre Menschlichkeit fortwährend abgesprochen wird. Denen durch staatliche »Fürsorge« und durch das Gefängnis- und Psychiatriesystem einmal mehr Gewalt angetan wird.Mit beeindruckender Klarheit und Glaubwürdigkeit führt D Hunter seine Erfahrungen mit einer radikalen Theorie und Praxis zusammen - für eine solidarische Community-Arbeit und eine abolitionistische Praxis von unten, die sich gegen Staat und Gefängnissystem richtet.
Leseprobe:
Zweiundzwanzig Monate lang hatte ich Wärme und ein Dach über dem Kopf, Ruhe und Frieden. Ich dachte nie daran, dass mich jemand im Schlaf verletzen könnte. Ich lernte, andere Menschen nicht im Schlaf zu verletzten. Ich lernte aufzuwachen und mich ausgeruht zu fühlen. Ich lernte die Vorteile von mindestens einer Mahlzeit am Tag kennen. Fast zwei Jahre lang gab mir Stephen den Raum, um über die Entscheidungen nachzudenken, die ich getroffen hatte. Er war ein Arschloch, ein Wichser und ein Idiot. Er hielt sich für etwas Besseres und in vielerlei Hinsicht nutzte er eine verletzbare Person aus, aber das tat ich auch. Ich empfand ihm gegenüber selten Fürsorge oder Mitgefühl. Als ich dieses erste Mal in der Klinik kapiert hatte, was er wollte, wusste ich, wo seine Schwächen waren, und ich wusste, wie ich von ihm bekommen konnte, was ich wollte. Ich wollte Essen und ein Dach über dem Kopf und ich bekam es, weil das, was er von mir wollte, mir nichts bedeutete, und ich gab es ihm gerne. Mi r war viel klarer als ihm, dass unsere Beziehung eine Transaktion zwischen zwei Parteien war. Er dachte, er könnte die Situation kontrollieren. Ich hatte schon vor langer Zeit gelernt, nicht so dumm zu sein.