»Ein Briefwechsel, in dem man Ingeborg Bachmann so nahe kommt wie nie zuvor.« ZEIT
Im Herbst 1952 begegnen sich der Komponist Hans Werner Henze und Ingeborg Bachmann zum ersten Mal. Der aufstrebende Komponist erkennt rasch eine Seelenverwandte in der jungen Lyrikerin, die mit Worten sagen kann, was er mit seiner Musik ausdrückt. Ein Briefwechsel beginnt, der über zwei Jahrzehnte anhalten soll: das einzigartige Zeugnis künstlerischen Austauschs und einer bedingungslosen Freundschaft.
Zeugnis einer großen Freundschaft
»Mir ist völlig klar, dass die Freundschaft mit Dir die wichtigste menschliche Beziehung ist, die ich habe, und das soll auch so bleiben. Ich habe immer an Dich geglaubt, und an Dich werde ich immer glauben bis ans Ende meines Lebens. Und wo und wann sich unsere Wege auch immer kreuzen werden, es wird ein Fest sein.« Ingeborg Bachmann (1956)
Ingeborg Bachmann gilt als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikerinnen und Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts.
Sie wurde am 25. Juni 1926 in Klagenfurt, Österreich geboren.
Bachmanns Karriere als Schriftstellerin
Nach ihrem ersten Studienjahr in Innsbruck und Graz (1945/46) gelang ihr mit der Erzählung »Die Fähre« die erste Veröffentlichung. Sie setzte ihr Studium der Philosophie, Germanistik und Psychologie in Wien fort, wo sie unter anderen Paul Celan, Hans Weigel, Ilse Aichinger und Victor Kraft traf.
Nach ihrer Promotion mit einer Dissertation über »Die kritische Aufnahme der Existentialphilosophie Martin Heideggers« im Jahr 1949 veröffentlichte sie erste Gedichte in der Zeitschrift Lynkeus und Erzählungen in der Wiener Tageszeitung. Bachmann arbeitete auch an einem ersten, unveröffentlichten und verschollenen Roman »Stadt ohne Namen«.
Nach ihrem Studium arbeitete sie für den amerikanischen Sender Rot-Weiß-Rot und schrieb Dramen, Rundfunkessays und Hörspiele, darunter »Ein Geschäft mit Träumen« (1952), »Die Zikaden«(1955) und »Der gute Gott von Manhattan« (1958).
Bachmanns Überzeugung, dass nur Literatur und Kunst die existenziellen Grunderlebnisse des modernen Menschen ausdrücken können, entstand aus der Perspektive der Wiener Schule, der neopositivistischen Wissenschaftstheorie ihres Doktorvaters Victor Kraft und der Sprachkritik Ludwig Wittgensteins. Ihre Beschäftigung mit Viktor E. Frankls psychotherapeutischer Forschung und ihrer Freundschaft mit dem Dichter Paul Celan, dessen Familie zu den Opfern des Holocaust gehörte, führten zu einer »tiefgreifenden Verwandlung ihres Denkens und Schreibens« im Sinne eines kritischen Ethos.
Lyrik und Musik
Bachmanns erster Lyrikband »Die gestundete Zeit« (1953), für den sie den renommierten Preis der Gruppe 47 erhielt, appellierte an das kritische Gewissen der Zeitgenossen angesichts des Kalten Krieges und der gesellschaftlichen Restau ration. In ihrem zweiten Gedichtband »Anrufung des Großen Bären«(1956) kehrte sie zu traditionelleren lyrischen Formen zurück. Bachmanns Synthese von Zeitkritik, literarischer Moderne und lyrischer Tradition bildete die Grundlage ihres raschen Aufstiegs zur wichtigsten deutschsprachigen Dichterin der Nachkriegszeit.
Auf Einladung des Komponisten Hans Werner Henze brach Bachmann im Sommer 1953 nach Italien auf, um dort eine Existenz als freie Schriftstellerin zu begründen. Die Freundschaft und Zusammenarbeit mit Henze, der sie insbesondere in die Welt der Oper einführt, schlägt sich u.a. in den Opernlibretti »Der Prinz von Homburg« (1958) und »Der junge Lord« (1965) sowie in theoretischen Überlegungen zum Verhältnis von Musik und Dichtung nieder.
Die Rolle der Literatur in der Nachkriegszeit
In den zehn Jahren nach dem Aufbruch aus Wien lebte sie in Rom, München, Neapel und Zürich und eröffnete im Wintersemester 1959/60 die Frankfurter Vorlesungen zur Problemat ik zeitgenössischer Dichtung. Dabei fasste sie ihre poetologischen Überlegungen erstmals systematisch zusammen und verortete sie im Prozess der Moderne literarhistorisch.
Bachmann vertraute der Fähigkeit der Literatur, angesichts der verzweiflungsvollen »Dunkelhaft der Welt« unsere Möglichkeiten zu erweitern. Diese Haltung spiegelt sich in ihren Erzählungen des Bandes »Das dreißigste Jahr« wider.
Beziehung mit Max Frisch
Zwischen 1958 und 1962 waren sie das Traumpaar der deutschen Literatur. Die Trennung von Max Frisch 1962 fiel mit einer Lebenskrise zusammen, die den Ausgangspunkt für einen literarischen Neuansatz bildete. Die Erfahrungen von Schmerz und existenziellen Krisen fanden sich u.a. in ihrem »Todesarten«-Projekt.
Am 17. Oktober 1973 starb Ingeborg Bachmann im Alter von 47 Jahren in Rom an den Folgen eines Brandunfalls.
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