Verlag | Leykam |
Auflage | 2023 |
Seiten | 320 |
Format | 13,7 x 1,3 x 20,5 cm |
Mit Lesebändchen | |
Gewicht | 490 g |
ISBN-10 | 370118268X |
ISBN-13 | 9783701182688 |
Bestell-Nr | 70118268A |
Durch die Augen einer Nachtigall.Die Geschichte einer schwierigen und großen Mutter-Kind-Liebe, erzählt aus der Perspektive eines Kindes, das auf die Welt kommt und nicht mit ihr einverstanden ist.Die Nachtigall erlernt den Gesang von benachbarten Vögeln und kann bis zu 260 unterschiedliche Strophentypen nachahmen. Alex versucht die Gesänge der Kinder im Kindergarten nachzuahmen und die Gebräuche von Nina, die wundervolle, starke Pinguin-Mama-Arme hat. Aber es gelingt nicht. Einfügen kann sich nur, wer die passende Form hat. Alex passt nicht. Dann fliegt eine Nachtigall ins Zimmer und unterrichtet Alex in der Kunst der Nachahmung. Alles scheint plötzlich ganz einfach. Aber zu welchem Preis?Die fremde und dennoch zärtliche Perspektive dieses Romans auf die Welt, auf die Menschen, auf die Umstände, unter denen sie leben, ihr Verhalten, ihre Regeln - all das erschüttert den eigenen Blick und führt dazu, nach der Lektüre etwas Neues gesehen, gefühlt und verstanden zu haben.Eine bisher ungelesene Perspektive auf Mutterschaft, Neurodiversität und Aufwachsen im Prekariat.Eine Figur, so einprägsam wie Oskar Matzerath.
Leseprobe:
Ich bin ein Fisch. Zack! Und ich war auf der Welt. Ich war auf dieser Welt und konnte nicht mehr zurück. Ich war still. Kein Schrei, nicht einmal ein leises Quieken. Die Hebamme übergab mich in Ninas starke Arme. Unsere Häute klebten aneinander, mein ahnungsloses Herz heftete sich an ihres wie Konfetti an einen Plastikstuhl. Ich war ein Grund zum Feiern. Es hätte unser großer Moment außerhalb ihres Körpers sein können, das war uns beiden klar. Hier bin ich, hier bist du, hallo, wie geht's? Doch es passierte nicht viel. Ich riss die Augen auf und in Ninas Kopf machte sich eine Erinnerung breit, eine Regel. "Es schreit nicht", sagte sie. Sie strich mir mit dem Daumen über die Stirn. "Warum schreit es nicht?" Das erste Warum unseres gemeinsamen Lebens. Niemand antwortete Nina. Sie lag da, wie Wäsche im Wasser, und sah mich mit ihren großen Augen an - Augen, von denen man mir später sagte, ich hätte genau dieselben. Ihre Augen waren verheult, meine starr wie die eines Hais. Nina blick te in meine lidlosen Haiaugen, in mich hinein. Sie hätte lächeln können, doch stattdessen fiel sie immer tiefer ins Schwarz meiner Pupillen, als wäre sie eine, die von hoch oben aus einem Turm gestoßen wird. Oder eine, die beim Gehen in einen Brunnen stolpert. Sie fiel in mich, das große Ungewisse.