Berlin 1912: Im Romanischen Café sitzen die Künstler, die Berliner Boheme. Else Lasker-Schüler gehörte - berühmt-berüchtigt - dazu. Sie hat wieder einmal Liebeskummer; ihr Mann Herwarth Walden hat sich von ihr getrennt und ist nach Norwegen gereist. Sie schreibt Briefe an den »lieben Nordpolforscher«, sie schreibt Gedichte, sie macht ihre Verlassenheit zu einem Spiel, macht ihre Zeitgenossen zu Mitspielern, was denen gar nicht gefällt. Ihr ist das egal.Die hier ausgewählten Briefe und Gedichte erzählen vom Berliner Künstlerleben, vom Café des Westens, wo sich die literarische Boheme versammelt und sich die Freunde treffen, und sie beschreiben nicht zuletzt das Leben einer radikalen Dichterin, die sich als Künstlerin behaupten muss.Für die Schauspielerin Angela Winkler, die mit dieser Textrevue aufgetreten ist, ist die unbeugsame Dichterin immer wieder eine Entdeckung: »eine Energiequelle, ein Paradiesvogel! Von denen gibt es nicht viele«.»Die Rosen fliegen mir aus dem HaarUnd mein Leben saust nach allen Seiten,So tanz' ich schon seit tausend Jahr,Seit meiner ersten Ewigkeiten.«
Else Lasker-Schüler wurde am 11. Februar 1869 in Elberfeld (heute ein Stadtteil von Wuppertal) als Tochter eines jüdischen Privatbankiers geboren. Nach der Heirat mit dem Arzt Berthold Lasker siedelte sie nach Berlin über, wo sie sich ihrer zeichnerischen Ausbildung widmete. 1899 wurde ihr Sohn Paul geboren. Im selben Jahr veröffentlichte sie auch erste Gedichte in der Zeitschrift Die Gesellschaft, 1902 folgte ihr erster, noch impressionistisch geprägter Gedichtband Styx, mit dem sie bekannt wurde. Nach ihrer Scheidung heiratete sie den Schriftsteller Herwarth Walden, den Herausgeber der expressionistischen Zeitschrift Der Sturm. 1906 erschien ihr erstes Prosawerk Das Peter-Hille-Buch, dem in den folgenden Jahren viele weitere folgten. Lasker-Schüler wandte sich schließlich dem Expressionismus zu und verfaßte neben Lyrik und Prosaliteratur auch Essays, Theater- und Literaturkritiken. Sie war eine exzentrische Frau, die durch ihr Auftreten und ihre (Ver)Kleidung en Konventionen herausforderte und Aufsehen und Anstoß erregte. Nach dem Tod ihres Sohnes 1927, zog sie sich zunehmend aus dem öffentlichen Leben zurück. 1932 wurde sie für ihr Gesamtwerk mit dem Kleist-Preis geehrt, mußte aber schon ein Jahr später aufgrund öffentlicher Angriffe ins Exil in die Schweiz gehen. Es folgten mehrere Palästina-Reisen. Am 22. Januar 1945 starb Lasker-Schüler in Jerusalem. Brigitte Landes, geboren 1946 in Frankfurt/Main. Sie arbeitet freiberuflich als Dramaturgin, Regisseurin und Autorin.
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