Rumänien liegt in Europa, ist seit 2007 Mitglied der Europäischen Union, ist ein bedeutender Grenzposten der Nato vor der Ukraine - und ist vielen, nicht zuletzt Rumänen selbst, ein Rätsel geblieben. In diesem Buch wird das Rätsel in all seiner Widersprüchlichkeit ausbuchstabiert.Georg AeschtUnter Menschen wusste ich nie, ob man mich verfluchen oder küssen würde.Zeitzeugin Ana BlandianaDie Popularität des Schriftstellers ergibt sich aus der Begegnung seiner eigenen Einsamkeit mit der des Lesers. Andernfalls beschränkt sich alles auf eine einfache Form der Manipulation.Ana BlandianaIn einer diktatorisch organisierten Gesellschaft gab und gibt es populäre Schriftsteller, die von den Lesern geliebt werden, weil sie ihnen das Gefühl der Freiheit in einer vollkommen unfreien Welt geben. Natürlich hat dies nichts zu tun mit dem Heimerfolg eines Bestsellerautors, der von Marketingregeln gesteuert wird. Der Schriftsteller in der Diktatur wird vielmehr geliebt, weil er das ausspricht, was seine Leser selbst zu äußern sich fürchten, auch wenn sie dies gern tun würden. Wenn jedoch die Diktatur verschwindet, verschwindet auch der Grund für die Kritik und gefährdet implizit den Erfolg dieses einstigen Superstars. Denn Freiheit bedeutet nicht nur das Verschwinden des Diktators, sondern auch die Freiheit, das Lesen einzustellen. Merkwürdigerweise sind das Wort und der Autor, der es zum Überleben gebraucht hat, am stärksten betroffen. Andererseits bedeutet beliebt zu sein nicht unbedingt, erfolgreich zu sein.Ana Blandiana
Ana Blandiana (Pseudonym von Otilia Valeria Coman) wurde 1942 in Timi oara/ /Temeswar (Rumänien) geboren. Sie hat zahlreiche Lyrik-, Prosa- und Essaybände, mehrere Kinderbücher sowie einen Roman veröffentlicht. Blandianas Werk, das in etliche Sprachen übersetzt und für das sie mit vielen nationalen und internationalen Preisen geehrt wurde, besticht durch die hypersensible Wahrnehmung von Welt und deren unverwechselbarer Gestaltung. Die Autorin flirtet nicht mit modischen Trends, nein, sie setzt sich - vor dem Abgrund, in den die Menschheit seit bald einem Jahrhundert immer wieder ratlos starrt - besorgt, kritisch, leidenschaftlich mit dem Verlust von Freiheit auseinander. Der Platz, den sie im literarischen Leben Rumäniens einnimmt, ist vergleichbar mit dem von Anna Achmatowa in Russland oder Václav Havel in der Tschechischen Republik. Georg Aescht, geboren 1953 in Zeiden/Codlea (Siebenbürgen/Rumänien), war nach dem Studium der Germanistik in Klausenburg/Cluj Deutschlehrer an einem Gymnasium in Klausenburg. Neben literaturkritischen Publikationen sowie Mitarbeit an Literaturlehrbüchern für deutsche Muttersprachler veröffentlichte er Übersetzungen aus dem Rumänischen und Englischen. Nach der Ausreise 1984 war er Korrektor in einer Setzerei in Bonn, seit 1991 Redakteur bei der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat / Deutsche Kultur im östlichen Europa in Königswinter, seit 2014 auch beim Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas in München. Aescht ist als Literatur- und Kunstkritiker tätig, verfasst Essays, hält Vorträge zu deutscher und rumänischer Literatur und veröffentlicht Übersetzungen aus dem Rumänischen und Französischen. Er hat mehrere philosophische und kulturgeschichtliche Sachbücher aus dem Rumänischen sowie literarische Texte von Oscar Wilde, Ion Agârbiceanu, Gellu Naum, Alexandru Papilian, Carmen Francesca Banciu, Alexandru Vona (aus dem Französischen und Rumänischen), Mihail Sebastian, Norman Manea, Andrei Plesu, Filip Florian, Dan Coman, Teodor Duna, Claudiu Komartin, Gabriela Adamesteanu, Lucian Boia, Emil Hurezeanu, Traian Pop Traian und Nicolae Breban übersetzt. Als Herausgeber hat er Siebenbürgen erlesen (in der Reihe Europa erlesen), Horst Peter Depners Auch ohne Zukunft ging es weiter. Erinnerungen eines politischen Häftlings sowie die Buchreihe Zeidner Denkwürdigkeiten betreut.
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