Emilie Fontane erzählt ihr Leben als »Netzwerkerin« im Kreis der Prominenz ihrer Zeit
Sie war weit mehr als die Abschreiberin der sämtlichen Werke ihres bis heute populären Schriftstellermannes: Emilie Fontane stand mit der kulturellen und politischen Elite jener Tage im Austausch. In ihren Briefen aus mehr als sechs Jahrzehnten spiegeln sich alle Stationen ihres Lebens und fügen sich zu einer facettenreichen Autobiographie zusammen. Sie wurde immer mehr zu der eigenständigen, ebenbürtigen Akteurin, die sich mit Stolz als »Dichterfrau« sah.
Gotthard Erler, dessen jahrzehntelange Forschung an der Verbreitung des Fontane'schen Werkes einen hervorragenden Anteil hat, erschließt die bislang größtenteils unveröffentlichte Korrespondenz und macht damit erstmals das Briefwerk Emilie Fontanes in seiner Breite zugänglich. Die neuen Dokumente erhellen zahlreiche unbekannte Details und erzählen die Emanzipationsgeschichte einer eindrucksvollen Frau des 19. Jahrhunderts.
»Ich weiß, Glück u. Unglück wechselt in jedes Menschen Leben ab.« EMILIE FONTANE, 1850
Rezension:
»Mit Emilie hat Theodor eine Lebensgefährtin gefunden, die ihm bis zum Schluss kongenial zur Seite stand und ohne die eigentlich die Werkstatt Fontane überhaupt nicht denkbar ist.« Ralf Julke Leipziger Zeitung (L-IZ.) 20241023
Emilie Fontane geb. Rouanet wurde 1824 als uneheliches Kind in Dresden geboren und mit zwei Jahren von dem Berliner Globushersteller Wilhelm Kummer adoptiert. 1850 heiratete sie Theodor Fontane. Aus dieser Ehe stammten drei Söhne und eine Tochter. Sie starb 1902 in Berlin.Dieser Briefwechsel beginnt mit dem 1. erhaltenen Gruß Theodor Fontanes von 1844 an "Fräulein Emilie Kummer" und endet mit dem letzten, an seinem Todestag an seine "liebe Frau" geschriebenen Brief vom 20.9.1898. Vor allem Emilie Fontanes Bild gewinnt hier Gestalt wie nie zuvor. Von den 180 ermittelten Briefen, die sie in den Zeiten der Trennung an ihren "Herzensmann" schreibt, werden hier 150 erstmals veröffentlicht. Emilie erweist sich hier als fast ebenbürtige Partnerin Fontanes, die witzig und lebendig die aktuellen Lebensumstände schildert, souverän an seiner Arbeit Anteil, die vor allem aber zauberhafte Liebesbriefe schreibt. Zum Missfallen der Brautfamilie hatte der Habenichts Theodor Fontane 1850 Emili e Kummer geheiratet und sie in eine "talerabhängige Existenz" geführt. In der fast 50 Jahre währenden Ehe spielen Briefe eine bedeutende Rolle. Die 570 Briefe des Schriftstellers und die 180 seiner Frau, zugleich seine Sekretärin und Kritikerin, sind Mittel der Kommunikation während der oft langen Zeit des Getrenntseins, z.b. während der Zeit, als Theodor sich in England eine journalistische Existenz aufbaut. Daß er einige wichtige berufliche Entscheidungen trifft, ohne sie einzubeziehen, moniert sie zu Recht. Auch ihre Sehnsucht nach Geborgenheit bleibt ein ständiges Dilemma dieser Ehe. Mit vier Kindern, die sie häufig alleine aufzuziehen hat, und drei weiteren Söhnen, die zwischen 1852 und 1855 im Säuglingsalter sterben, ist dieser Wunsch nach sozialer Absicherung nur verständlich. Viele der Briefe sind Liebesbriefe, voller Zärtlichkeit und Sinnlichkeit. Eine Ehe in Briefen, die es an Spannung mit Fontanes Romanen durchaus aufnehmen kann.
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