Man kann Die nackte Welt auf nahezu jeder Seite aufschlagen und wird sehen: Irina Mashinski interessiert sich nicht nur für Geschichte, sondern auch für ihre Wirkung auf unsere Innenwelt, nicht nur für den Lauf der Zeit, sondern auch für deren Geheimnis. Wird nämlich ein Kind in ein totalitäres Land hineingeboren, zündet ein Vogel ein Streichholz. Mashinskis UdSSR ist eine Welt voller erinnerungsträchtiger Dinge - Wasserpumpen mit abplatzendem Lack, Tapetenmuster, Akkordeons. Eine Welt, in der Ironie eine Überlebensstrategie ist, Zärtlichkeit ist Medizin. Eine Welt des harten Realismus, die dennoch darum weiß, dass Jupiter rotiert, Saturn segelt und die menschlichen Schulterblätter Feuerruder sind. Die nackte Welt ist ein magisches Buch, eine Familiengeschichte über vier Generationen, in Versen erzählt und mit Berichten über Stalins Großen Terror der 1930er, weitschweifenden Betrachtungen und aufblitzenden Kindheitserinnerungen aus dem Tauwetter der 1960er und aus den 1970ern durc hsetzt. Ilya Kaminsky
Irina Mashinski wurde in Moskau geboren, studierte an der Moskauer Universität und promovierte dort mit einer Arbeit über Paläogeographie und Landschaftstheorie. 1991 emigrierte sie in die USA, arbeitete als Gymnasiallehrerin für Mathematik und lehrte Geschichte und Meteorologie an verschiedenen Universitäten. Irina Mashinski ist Autorin von The Naked World und Giornata und von elf Bänden mit Gedichten und Essays in russischer Sprache. Sie ist Herausgeberin (zusammen mit Robert Chandler und Boris Dralyuk) des The Penguin Book of Russian Poetry (Penguin Classics, 2015) und Mitübersetzerin von Lev Ozerovs Portraits Without Frames (NYRB Classics, 2018). Irina Mashinski wurde mit etlichen russischen Literaturpreisen ausgezeichnet und erhielt 2012 (mit Boris Dralyuk) den ersten Preis im Joseph Brodsky/Stephen Spender Übersetzungswettbewerb. 2017 war sie Hawthornden Stipendiatin, 2023 wurde ihr Gedichtband Giornata für den Pushcart Prize nominiert. Sie lebt in New Jersey und in Pennsylv ania.Die nackte Welt ist ihr erstes ins Deutsche übersetzte Buch; fünf Gedichte daraus erschienen vorab in der Zeitschrift OdA. Ort der Augen. Blätter für Literatur aus Sachsen-Anhalt, Ausgabe 1/2024. Maria Meinel, 1972 in Meißen geboren, ist studierte Literaturwissenschaftlerin und heute freie Autorin und Literaturübersetzerin von Prosa, Lyrik, Sachbüchern und Essays aus dem Englischen, Spanischen und Katalanischen, u.a. Werke von Yara Rodrigues Fowler, Maddie Mortimer, Irene Vallejo, Deborah D.E.E.P. Mouton, Yanara Friedland und Lauri Kubuitsile. In ihren eigenen Texten befasst sie sich meistens mit Literatur und Kunst, zuletzt in Semjon Prosjak. Fotografien (Mitteldeutscher Verlag 2022). Darüber hinaus moderiert sie, lektoriert, vermittelt fremdsprachige Literatur an deutsche Verlage und lehrt Literatur und Übersetzung in Workshops und Seminaren und im Rahmen des Projekts "Echt absolut". Für ihr übersetzerisches Werk erhielt sie etliche Stipendien, u.a. das Barthold-Heinrich-Brockes-Stipendium des Deutschen Übersetzerfonds. Sie lebt in Halle an der Saale.
Autorenporträt schließen