Die volle und die leere Welt - Essays und Bilder
Verlag | thinkOya |
Auflage | 2019 |
Seiten | 144 |
Format | 16,1 x 22,1 x 1,1 cm |
Klappenbroschur | |
Gewicht | 345 g |
ISBN-10 | 3947296061 |
ISBN-13 | 9783947296064 |
Bestell-Nr | 94729606A |
Was hat Isaac Newton mit den letzten Ureinwohnern von Borneo zu tun? Was unterscheidet eine lebendige Kultur von einer Ansammlung von Kulturgütern? Wann und warum verlernen Menschen das, was sie als Kinder noch konnten? Nach den Erfolgen "Das Ende der Megamaschine" und "Chaos" thematisieren diese Essays die Schattenseiten einer Zivilisation, die sich global als Trägerin von Licht und Freiheit inszeniert. Begleitet von 14 Foto-Synthesen des Autors, erzählen sie von Entwurzelung und Widerstand, technischer Hybris und wirtschaftlichem Totalitarismus, von der Suche nach echter Freiheit und Verbundenheit.
Leseprobe:
Es gab einmal eine Welt, die voll war von Geist, von Gerüchen und Blicken, von Berührung, Farbe und Wind. Was in diese Welt eintrat, stand nicht wie ein Fremder auf dem Schulhof verloren, überflüssig und stumm herum, sondern ging sogleich in das heimliche Gespräch ein, das alles verband. Ein feines Gewebe war diese Welt, beweglich und atmend wie die menschliche Haut, durchzogen von nährenden Adern und empfindenden Nerven, die unbeirrbar ihre Wege fanden und noch in der äußersten Bewegung und Dehnung, noch im Galopp und im Sprung nicht zerrissen, so dass jedes Stück Himmel, das durch die Adern rauschte, sein Ziel erreichte und zur Bewegung verbrannte, und jede Liebkosung der Luft, jeder Schmerz eines Dorns, durch die wilden Glieder zum Herzen gelangte.
In diese Welt fuhr, mitten im Lauf, die Machete. Sorgfältig war sie geschmiedet worden, nach allen Regeln der Kunst. Tief in den Berg waren die Männer gestiegen, um das Erz zu gewinnen, jahrelang hatten die Frauen und Kinder verge blich auf ihre Rückkehr gewartet, und wenn sie dann kamen, traten sie mit erloschenen Augen in den stummen Raum. Zur äußersten Hitze hatten sie den Ofen getrieben, sie hatten das Metall aus dem Stein mit überirdischem Feuer gelockt. Und nun war sie da, die Machete, sie konnte, so schien es, den Raum selbst in Stücke zerteilen, die nicht mehr verheilten.
Ein Netz von Linien hieb sie in die strauchelnde Welt, und in jedes Feld des gezeichneten Körpers schnitt sie die Pläne einer neuen Welt.