Nichts hat Arno Schmidt so empört wie die Wiederaufrüstung in der jungen Bundesrepublik und die Gleichgültigkeit seiner Zeitgenossen gegenüber den Kriegen in der Welt. Seine Kindheit im Ersten Weltkrieg, die spätere bittere Soldatenzeit und die anschließende Gefangenschaft hatten den Autor gelehrt, den Krieg zu fürchten. Nationalsozialismus, Kriegstraumata, Flucht und Rüstung werden für ihn bereits zu literarischen Motiven, als sich seine Umwelt noch in Wiederaufbau und Verdrängung flüchtet. Schmidts dystopische Romane hingegen erzählen vom Leben nach den vernichtenden Atomschlägen eines Dritten Weltkriegs: Mutanten auf der Erde, letzte Menschenkolonien auf dem Mond.
Dieses Lesebuch beginnt mit Leviathan, der frühen Erzählung vom Ende des Zweiten Weltkriegs, und gibt mit vielen Ausschnitten aus Erzählungen, Romanen und Essays einen Überblick über ein zentrales Thema in Schmidts Literatur.
Rezension:
»Schmidt hat an Verdrängung kein Interesse, sondern thematisiert den fließenden Übergang vom deutschen Faschismus zu einer von lauter ehemaligen Faschisten bevölkerten Demokratie.« Thomas Blum neues deutschland 20241204
Arno Schmidt wurde am 18. Januar 1914 in Hamburg geboren. Nachdem er kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus englischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden war, arbeitete er zunächst als Dolmetscher, von 1947 an als freier Schriftsteller. Nach Stationen in Cordingen, Kastel an der Saar und Darmstadt zog er 1958 mit seiner Frau Alice nach Bargfeld (Kreis Celle), wo er bis zu seinem Tod zurückgezogen lebte. Von 1949 an, als seine Erzählung Leviathan in Buchform erschien, entstanden Romane, Dialoge zur Literatur für den Rundfunk, Essays und biographische Arbeiten, darunter sein Hauptwerk Zettel's Traum, 1334 DIN-A3-Seiten stark und über zehn Kilo schwer. Aufgrund des komplexen Layouts konnte es 1970 nur als Faksimile des Typoskripts erscheinen; erst seit 2010 liegt es in gesetzter Form vor. Arno Schmidt starb am 3. Juni 1979 in Celle. Zwei Jahre nach seinem Tod gründeten seine Frau Alice und Jan Philipp Reemtsma die Arno Schmidt Stiftung. Susanne Fischer, 1960 in Hamburg geboren, Journalistin und Schriftstellerin, arbeitet als Geschäftsführerin der Arno Schmidt Stiftung. Sie ist u.a. Mitherausgeberin der Bargfelder Ausgabe der Werke Arno Schmidts und Herausgeberin der Tagebücher von Schmidts Ehefrau Alice. 2013 wurde sie mit dem Ben-Witter-Preis ausgezeichnet. Susanne Fischer lebt in einem kleinen Dorf bei Celle. Michaela Nowotnick ist seit 2018 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Arno Schmidt Stiftung. Neben der Arbeit zu Arno Schmidt liegen weitere Forschungsschwerpunkte auf rumäniendeutscher Literatur, DDR-Literatur und literarischen Archiven.
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