Hinter dem Grünen Tor - Die Rotenburger Anstalten der Inneren Mission, 1945-1975
Verlag | Verlag für Regionalgeschichte |
Auflage | 2019 |
Seiten | 376 |
Format | 17,3 x 25,1 x 3,1 cm |
Gewicht | 915 g |
Reihe | Schriften des Instituts für Diakonie- und Sozialgeschichte an der Kirchlichen Hochschule Bethel 32 |
ISBN-10 | 3739511923 |
ISBN-13 | 9783739511924 |
Bestell-Nr | 73951192A |
Nur wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen die Rotenburger Anstalten der Inneren Mission, eine der größten Heil- und Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen, ihre Arbeit wieder auf. Tristesse, Erlebnisarmut und Gewalt gehörten hier allerdings lange zum Alltag der Bewohnerinnen und Bewohner. Hinzu kam - bisher selten beachtet - ein überbordender Einsatz von Psychopharmaka und Beruhigungsmitteln, und mitunter wurden »renitente« Pfleglinge sogar stereotaktischen Hirnoperationen unterzogen.Das »Grüne Tor« bildete in Rotenburg viele Jahre lang die Grenze zwischen »Anstaltswelt« und »normaler Welt«. Seit dem Ende der 1960er Jahre kam es jedoch zu einem tiefgreifenden Wandel. Die Einführung vielfältiger heilpädagogischer Maßnahmen löste allmählich die »verwahrende Pflege« ab, und es kam zu einer Öffnung der Einrichtung. Arbeitstherapie, Ausflüge und Kulturveranstaltungen ermöglichten Kontakte in die Stadt Rotenburg und erzeugten neue Lebenswirklichkeiten.Das Buch befasst sich mit de n Gewaltstrukturen in den Rotenburger Anstalten und der Gewaltpraxis »auf Station«, dem Medikamenteneinsatz - auch im Rahmen von Versuchsreihen - sowie mit dem Verhältnis zwischen der Einrichtung und der Stadt Rotenburg.
Inhaltsverzeichnis:
Geleitwort - 9Einleitung - 13Karsten Wilke: Die Rotenburger Anstalten der Inneren Mission 1880 bis 1950 - 25Karsten Wilke: Die Rotenburger Anstalten der Inneren Mission 1950 bis 1975 - 79Ulrike Winkler: Die Rotenburger Anstalten und die Stadt Rotenburg als Sozialräume - 151Bildteil - 209Hans-Walter Schmuhl: Das Leben "auf Station" in den 1950er/60er Jahren - 241Sylvia Wagner: Arzneimittel und Psychochirurgie - 305Personenregister - 369Autorinnen und Autoren - 376
Leseprobe:
[Geleitwort zur 3. Auflage]Dass aufgrund der großen Nachfrage nun eine dritte Auflage unseres Buches »Hinter dem Grünen Tor erscheint«, erfüllt uns mit Freude und der Gewissheit, dass geschichtliche Aufarbeitung sich wirklich lohnt. Sie stellt einen hohen Wert besonders für die Menschen dar, die unter den Auswirkungen einer »totalen Institution« im untersuchten Zeitraum Leid erfahren haben. Das waren vor allem Bewohnerinnen und Bewohner der damaligen Rotenburger Anstalten. Aber auch Mitarbeitende litten darunter, dass dieses System ihnen Schranken und Zwänge auferlegte, die es für Einzelne außerordentlich schwer machte, ihren Anspruch von Menschlichkeit und Nächstenliebe zu verwirklichen.Tatsächlich waren es ehemalige Mitarbeitende, die ganz konkret eine Neuauflage anfragten. Es genüge nicht, das Buch nur ausleihen zu können. Man wolle es in den Familien haben und auch an Interessierte verschenken. Die Bedeutung, die dem Buch und seinen Erkenntnissen mit diesem Wunsch zugemessen w ird, kann ich nur unterstreichen. Denn alles, was in den damaligen Rotenburger Anstalten geschah - Gutes wie Schlechtes - ist Teil unserer Vergangenheit. Deren gründliche wissenschaftliche Aufarbeitung stellt nicht nur einen großen Wert für die ehemals Betroffenen dar und verleiht ihnen damit eine Stimme. Sie ist zugleich Mahnung nicht nur für alle, die heute und künftig in der Behindertenhilfe arbeiten, sondern für unsere Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderung niemals wieder benachteiligt werden dürfen.