Jüdische Familien in Hof an der Saale - Schicksale und Verfolgung im Nationalsozialismus Mit einem Beitrag von Heide Inhetveen über die Geschichte des jüdischen Lehrers Leopold Weil
Verlag | Transit Berlin |
Auflage | 2019 |
Seiten | 340 |
Format | 14 x 24 x 2,1 cm |
Gewicht | 430 g |
ISBN-10 | 3887473701 |
ISBN-13 | 9783887473709 |
Bestell-Nr | 88747370A |
Durch die Konzentration auf einzelne jüdische Familien, auf deren Herkunft und deren Fluchtwege innerhalb und außerhalb Deutschlands gewinnt das Buch eine exemplarische Bedeutung weit über die Stadt Hof hinaus.
Klappentext:
Hof an der Saale gehört zu jenen Orten, in denen Nationalsozialismus und Antisemitismus schon lange vor 1933 Fuß fassten, und das, obwohl noch bei den ersten bayerischen Landtagswahlen etwa fünfzig Prozent der Wählerinnen und Wähler dort die USPD wählten, die linke Abspaltung der SPD. Zum "Deutschen Tag" im September 1923, abgehalten von völkischen Verbänden mit Rednern wie Adolf Hitler, schmückte sich die Stadt mit Fahnen und Blumen. Beschwerden jüdischer Kaufleute beim Stadtrat wegen Beleidigungen und Boykottaufrufen halfen nichts. Insofern war es nach 1933 keine Überraschung, dass die Gerichte, die Polizei und die Behörden in Hof alles dafür taten, den Juden das Leben und Überleben schwer zu machen. Kaufleute, Juristen, Ärzte. Lehrer und Handwerker wurden in "Schutzhaft" genommen, öffentlich gedemütigt und durch die Hauptstraße der Stadt getrieben. Der Historiker Ekkehard Hübschmann hat, um die Verfolgung authentisch und mit vielen Details darstellen zu können, die Schicksale und die Geschichte von sechs Familien akribisch recherchiert, hat in verschiedenen Archiven Dokumente über deren Verfolgung bis hin zur Deportation und Ermordung gefunden, hat mit den Nachkommen Überlebender über die Erfahrungen in der Emigration bzw. nach der Rückkehr nach Deutschland gesprochen.
Leseprobe:
Nach der Aussage von Katharina Ott hat sich folgendes zugetragen: Gegen 3 Uhr 45 in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde sie vom Klopfen an der Haustür geweckt. Nach etwa einer Viertelstunde hörte sie jemanden die Treppe heraufkommen. Als sie ihre Zimmertür öffnete, standen ein SA-Mann und ein Schutzmann vor ihr. Ersterer ergriff das Wort: »Polizei! Wo wohnen die Heymanns?« Katharina Ott zeigte auf die Wohnung Heymann, an deren Tür die Männer klopften, um dann hineinzugehen. Sie zog sich in ihr Zimmer zurück und hörte alsbald mehrere Personen das Haus verlassen. Da Max Heymann gelähmt war und ohne Hilfe nicht gehen konnte, ordnete sie die Schritte Eleonore Heymann, dem Sohn Walter und den Bewachern zu. Kurz darauf vernahm sie erneut Schritte. Durch den Türspalt sah sie, dass Max Heymann von einem SA-Mann und einem Polizisten, zu beiden Seiten geführt, zur Treppe geschleift wurde. Zwischen 5 und 6 Uhr kam ein Trupp von etwa 5 bis 8 Männern die Treppe herauf. Sie waren in Zivilkleidung, hatten die Mantelkrägen hochgeschlagen und die Hüte ins Gesicht gezogen. Sie klopften an die Tür der verlassenen Wohnung, schlugen diese ein und drangen in die Wohnung vor. Katharina Ott hörte ein Krachen von zerschlagenen Möbeln und das Klirren von berstendem Geschirr und Glas.Am 10. November scheint die Wohnung von Schaulustigen besichtigt worden zu sein. Die Zeugin Marie Kiessling, Wirtschafterin bei der jüdischen Familie Linz, Marienstraße 73, sagte aus, sie sei von einer ihr unbekannten Frau angesprochen worden, sie solle sich doch die Heymannsche Wohnung anschauen. »Gegen 15.00 Uhr ging ich dorthin und gelangte mit einer Reihe anderer Leute ungehindert in die Wohnung ... Auf dem Boden der Wohnräume lagen Scherben von Geschirr und Glas. Der Küchenschrank war umgeworfen und die Rückwand eingedrückt. Der Überzug eines Sofas oder Chaiselongues war aufgerissen.«