Tierreich - Roman. Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2019
Verlag | Matthes & Seitz Berlin |
Auflage | 2019 |
Seiten | 440 |
Format | 14,0 x 21,8 x 3,9 cm |
Gewicht | 683 g |
Übersetzer | Karin Uttendörfer |
ISBN-10 | 3957576865 |
ISBN-13 | 9783957576866 |
Bestell-Nr | 95757686A |
Während Europa von Kriegen und Umwälzungen erschüttert wird, kämpft eine Familie von Schweinezüchtern um ihr Fortbestehen - und nutzt die in immer größerem Maßstab stattfindende Ausbeutung des Rohstoffs Tier, um sich in unsere heutige, hochindustrialisierte Welt hinüberzuretten. Éléonore, Kind eines kranken Vaters und einer lieblosen Mutter, erbt Anfang des 20. Jahrhunderts von ihren Vorfahren Schweine und die Gewissheit, dass Gewalt gegen Mensch und Tier zum Leben dazugehört. Mit Disziplin und unbändiger Härte gegen sich selbst allen Schicksalsschlägen trotzend, hält sie den landwirtschaftlichen Betrieb aufrecht und versteht es, ihn über die Jahrzehnte hinweg zu vergrößern und später ihrem Sohn Henri zu übergeben. Achtzigjährig erlebt die erschöpfte Matriarchin schließlich, wie dieser mit ihren Enkeln Serge und Joël den familiären Zuchtbetrieb zu einer gigantischen, die Ressource Tier grausam ausbeutenden Tierfabrik ausbauen. Das anonymisierte Elend der Schweine spiegelt nich t nur den Wahnsinn dessen, was die Menschheit unter Fortschritt versteht, sondern wirft auch die Frage auf: Wer sind die eigentlichen Bestien?
Leseprobe:
»Sie läuft zum Büfett, wo sie den Rosenkranz ablegt und die Flasche Armagnac und zwei Gläser herausholt, die sie vor die Männer stellt und bis zum Rand füllt. Der Flaschenhals klirrt so heftig am Glasrand, dass sie ihren Unterarm mit einer Hand abstützen muss. 'Wo warst du denn?', fragt der Ehemann. 'Ich hatte im Dorf zu tun', antwortet sie. 'Obwohl die Sau kurz davor war zu werfen?' 'Ich habe ihr das Heu zurechtgemacht, aber es sah noch nicht danach aus.' 'Sie hat sie gefressen, es war nichts mehr zu retten', antwortet er. 'Ja, ja', sagt Brisard und steckt seinen großen Schnurrbart in den Schnaps.«
»Die Erpel mit dem spiralig gewundenen Penis beschlagen stürmisch die Enten mit den komplexen Vaginen, die Ganter ejakulieren in die Falten konzentrischer Genitale, der Pfau schlägt sein Rad und steigt auf die von seinem Gewicht bestürzte Henne, die Spermien perlen, tropfen, explodieren und spritzen zwischen Federn und Fell, entreißen Schreie einer kurzen, beneidenswerten Lu st. Während ein paar Männer zuschauen, wie ein Eber eine Sau nimmt, kommentiert Albert Brisard, der sich bestens auskennt, auf Gaskognisch: 'Bei diesen Dreckskerlen kann der Krampf eine halbe Stunde dauern.'«
Jean-Baptiste Del Amo