Kein schlechter Tausch - Kleine Auszeit Roman
Verlag | Francke-Buch |
Auflage | 2020 |
Seiten | 169 |
Format | 13,2 x 18,6 x 2,0 cm |
Gewicht | 254 g |
Übersetzer | Rebekka Jilg |
ISBN-10 | 396362129X |
ISBN-13 | 9783963621291 |
Bestell-Nr | 96362129A |
Texas, 1890: In der Hoffnung auf einen Neuanfang kommt die junge Ruth Fulbright mit ihrer Tochter nach Hope Springs. Die Anstellung als Köchin in dem kleinen Kurort ist der erste Lichtblick seit dem Tod ihres Mannes und dem Verlust ihres Zuhauses. Doch wie soll sie als mittellose Witwe die Miete für eine Unterkunft in dem wohlhabenden Touristenstädtchen aufbringen?Zwar hat Ruth eine Idee für eine Art Tauschhandel, den sie dem Vermieter anbieten kann - doch wird der sich darauf einlassen? Schließlich ist Mr Azlin ein reicher Mann, der sich unübersehbar für etwas Besseres hält ...
Leseprobe:
Kapitel 1Oktober 1890 Hope Springs, TexasRuth Fulbright hielt ihre schlafende siebenjährige Tochter im Arm und blieb erst einmal sitzen, nachdem die Postkutsche zum Stehen gekommen war. Die anderen Reisenden hingegen, die sich offensichtlich für etwas Besseres hielten, setzten alles daran, den Wagen so schnell wie möglich zu verlassen. Der modisch gekleidete Herr zu ihrer Linken, der eindeutig zu viel Pomade im Haar hatte, rempelte Ruth mit seinem Ellbogen an, als er aufstand. Um ihm auszuweichen, lehnte sie sich nach rechts - und stach sich beinahe das Auge an der Hutfeder der ältlichen Matrone aus, die gerade die Kutschentreppe hinunterstieg.Na wunderbar! Wer hätte gedacht, dass eine Reise mit der Postkutsche so gefährlich sein könnte? Sie hatte doch tatsächlich geglaubt, Banditen wären das Schlimmste, was ihr auf der gut dreißig Kilometer langen Reise vom Bahnhof in Weatherford hierher begegnen könnte. Doch da hatte sie ihre Rechnung ohne all die mitleidigen Blicke, das snobist ische Schnauben und den spitzen Federschmuck gemacht. Niemals hätte sie sich träumen lassen, dass sich damit ein solcher Schaden anrichten ließe. Obwohl ihr das eigentlich nichts anhaben sollte. Als Frau, die nach dem Ende des Bürgerkrieges in den verwüsteten Südstaaten aufgewachsen war, hatte sie gelernt, sich auf jedem gesellschaftlichen Parkett zu behaupten.Ihr Kleid mochte fadenscheinig sein, das Leder ihrer Schuhe hauchdünn und an ihrem Finger fehlte der Ring, doch sie war sauber, unbescholten und hatte nicht den geringsten Grund, sich zu schämen.Jetzt schob sich der Herr mit der vielen Pomade im Haar an ihr vorbei und rempelte dabei ihre Tochter an.»Entschuldigung«, murmelte er, doch sein Blick verriet, dass er in Wahrheit ihr die Schuld dafür gab, dass Naomi ihm im Weg gewesen war. Ein echter Gentleman hätte ihnen den Vortritt gelassen und gewartet, bis Ruth und Naomi ausgestiegen waren. Oder er hätte ihnen seine Hilfe angeboten. Doch offensichtlich sah er sie nur als Hinde rnis an, nicht als eine echte Dame.»Mama?« Naomi hob den Kopf von ihrer Brust und öffnete ihre wunderschönen braunen Augen, die Ruth so sehr an die ihres Mannes erinnerten.Augenblicklich fuhr ihr ein Stich durchs Herz. Stephen war nun schon seit zwei Jahren tot. Seit zwei Jahren, drei Monaten und neun Tagen. Ach, sie sollte wirklich aufhören zu zählen. Es brachte schließlich nichts, ihre Zeitrechnung nach ihrem Verlust auszurichten. Es war nur schon so lange her, dass sie etwas wirklich Positives erlebt hatte ... Aber genug davon. Ruth richtete sich auf und lächelte ihre Tochter an. »Guten Morgen, Schlafmütze.« Sie strich Naomis Pony zurück und küsste sie auf die Stirn. »Wir sind da.«Naomis Augen wurden groß und sie grinste. »In unserem neuen Zuhause?«Ruth nickte. Sofort machte ihre Tochter sich von ihr los und sprang auf. Gott sei gelobt für den Optimismus der Jugend. Ruth wusste nicht, wie sie die letzten Monate ohne Naomi hätte überstehen sollen, die selbst durch die dunkelsten Wolken hindurch noch die Sonnenstrahlen sah. Und dunkle Wolken hatte es wirklich mehr als genug gegeben. Doch das schien nun fast vergessen, als ihre strahlende Tochter so aufgeregt vor ihr stand.»Komm schnell!« Dank ihrer geringen Körpergröße konnte Naomi selbst in der niedrigen Postkutsche ohne Probleme aufrecht stehen. Neugierig lief sie auf den Ausstieg zu. Dort wäre sie fast wieder mit dem wenig freundlichen Herrn zusammengeprallt. Doch im letzten Augenblick blieb sie stehen und wirbelte ungeduldig herum. »Jetzt komm endlich, Mama! Hope wartet auf uns!«»Hope Springs«, korrigierte Ruth, während sie sich allmählich von der Vorfreude ihrer Tochter anstecken ließ.Hope - die Hoffnung. Hier musste einfach Hoffnung auf sie warten. Denn es gab keinen anderen Ort mehr, an dem Ruth sonst danach hätte suchen können.Sobald der Pomadenmann zur Seite getreten war, sprang Naomi wie ein Kaninchen aus der Postkutsche. Ruth grinste und schüttelte den Kopf. Sollte das Mädchen nur laufen und sp